Dem Himmel ganz nah

"Assalam aleikum" - "Waaleikum salam."
"Where are you from?" - "Germany."
"What is your good name?" - "Timo and Hanna."
"What is your relation?" - "We are married."
"Oh good, good. Love marriage?" - "Yes, there are no arranged marriages in Germany."
"Oh good, good. How long in Kashmir?" - "It's been three days."
"Oh good, good. You like it?" - "Yes it is very beautiful."



 
So oder so ähnlich verläuft fast jedes Gespräch mit den Einheimischen in Kashmir und wie ihr euch ja vielleicht denken könnt, gibt es davon stündlich genug. In dieser Hinsicht sind die Kashmiri den Indern, von den sie sich ansonsten sehr gerne sowohl politisch als auch kulturell abheben, doch sehr ähnlich. Kaum ein Kashmiri, der der englischen Sprache halbwegs mächtig ist, lässt uns unangesprochen und die meisten fügen am Ende breit grinsend und stolz hinzu: "Kashmir is like heaven on earth." 





Für indische Verhältnisse ist die pakistanisch-indische Grenzregion wahrlich ein Paradies auf Erden: es ist sauber, großzügig, grün, fruchtbar, tagsüber angenehm warm und nachts erfrischend kalt. Die Menschen sind überaus freundlich, warmherzig und vor allem ehrlich; so ehrlich, dass man beim Einsteigen in eine Rickshaw oder beim Kauf von Mangos nicht einmal handeln muss. 



Ganz anders bei unserer Ankunft in Delhi, wo wir nach Verlassen des Flughafengebäudes allein für den 5 km langen Weg zum Hotel mit gleich zehn uns belagernden Taxifahrern auf einmal handeln mussten, wo wir beim Anblick der äußerst schmutzigen, nach Kloake riechenden und von Ratten bewohnten Gasse, in der sich unser Hotel befand, vor drei Jahren sicherlich sofort kehrt gemacht hätten und wo wir morgens um 7:00 beim Frühstück vor lauter Hitze und Schwüle schon hätten unser T-shirt wechseln können. 



So ist Srinagar auf einer Höhe von 1500m, in dessen Herzen der Dal Lake gelegen ist, ein willkommener Start ins Abenteuer Indien bzw. ins Abenteuer indischer Himalaya. Delhi stellen wir vorerst hinten an. In Srinagar besichtigen wir den schwimmenden Gemüsemarkt und erfreuen uns an den schwimmenden Fachwerkhäusern und Gärten auf dem See, schlürfen Khewa, Grüntee mit Kardamom, Zimt und Mandeln, wandeln durch die Altstadt, wo wir mit unvorhergesehener Toleranz und Nachsichtigkeit in prächtigen Moscheen willkommen geheißen werden und genießen den Sonnenuntergang von unserem Hausboot - von Gefahr ist weit und breit nichts zu spüren. Unsere ersten Tage verleben wir also regelrecht paradiesisch - wären da nicht die unzähligen Muezzine, die sich fast die ganze Nacht über mit ihren Gebetsrufen batteln und während des Ramadan umso nachtaktiver zu sein scheinen. 




Himmlischer wird es für uns erst mit zunehmender Höhe; nämlich je näher wir uns der tibetischen Grenzregion in Ladakh nähern. Auf unserer zweitägigen Fahrt gen Osten von Srinagar, Kashmir nach Leh, Ladakh werden die Moscheen langsam von Bergklöstern ersetzt, der Schlaf raubende Ruf des Muezzins wird immer leiser und dafür die im Wind flatternden Gebetsflaggen immer mannigfacher und lauter. Die grünen mit Tannen bewachsenen und den Alpen ähnelnden Berge werden abgelöst von schroffen, ockerfarbenen und majestätisch vor uns aufragenden Gipfeln einer Bergwüste. Nur die buntbemalten Laster, die bunten Gebetsflaggen und die gelegentliche Oase bringen Farbe in diese Mondlandschaft. Der Zauber des Buddhismus lässt uns die schlaflosen Nächte schnell vergessen. 




Den Frieden kann selbst die zunehmende Militärpräsenz nicht stören. Nur ein einziges Mal fühlen wir uns auf der Fahrt ein wenig komisch: 5 km von der pakistanischen Grenze  entfernt, wird die Straße von einer hohen Mauer geschützt, zur Abwehr von Schüssen des pakistanischen Militärs. Nach indischer Manier ist sie jedoch ziemlich löchrig. Ohoh, schnell weiter also. Im Gegensatz dazu gehören die Straßen hier oben in den Bergen mit zu den Besten, die wir je in Indien befahren haben - und das auf einer Höhe von knapp 3500m.




In und um Leh besichtigen wir ein buddhistisches Kloster nach dem anderen: Lamayuru, Likir, Basgo, Matho, Thiksey und Stakna - eins faszinierender als das andere. Alle sind sie dem Pothalapalast in Lahasa, Tibet nachempfunden. In Thiksey schlafen wir im Kloster selbst und sind ganz fasziniert davon, den Minimönchen am Abend bei Wasserschlacht und Flaschenfußball zuzusehen. Am Morgen des nächsten Tages dürfen wir am Morgengebet, der sogenannten "morning puja" teilnehmen bzw. den Mönchen beim Rezitieren der Mantras zuhören und kommen in den "Genuss" von Buttertee. 



In Matho treffen wir auf einen Mönch, der uns ein Stück in seinem Auto mitnimmt und uns bereitwillig von seinem Alltag erzählt: es gibt 3 Mahlzeiten pro Tag, alle drei Jahre rotieren die Zuständigkeitsbereiche der Mönche vom Küchendienst bis hin zum Schlüsseldienst, im Winter geht er nach Nepal, um Englisch zu lernen,... Am Schluss fügt er uns auf whatsapp hinzu und schlägt vor, nächstes Jahr mit uns durch Nordindien zu reisen. Mal sehen, was daraus wird....

Nun haben wir uns erst einmal an Klöstern satt gesehen und planen, einen sieben-tägigen Trek durch das tibetische Hochland zu gehen. Bald mehr davon...

Viele Grüße, Timo und Hanna




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