Welcome home
Namasté!
Wir haben es geschafft!!! Wir sind in Kathmandu angekommen - und unser Gepäck auch :-) Der uns bekannte Räucherstäbchen-Duft, so wie wir ihn von Nepals Tempeln und Schreinen kennen, hieß uns bereits am Flughafen willkommen und irgendwie duftete es fast schon ein bisschen heimisch. Noch heimischer wurde es, nachdem wir im Haus von Shanker, Chunchun und Amma (Oma) angekommen waren. Momentan beherbergt die Familie zudem Hassan, einen Läufer von den Malediven, der zum Höhentraining nach Nepal angereist ist. Wie in einem richtigen Zuhause haben wir hier „unser Zimmer“ bezogen, in dem wir schon während unserer vorherigen Nepalbesuche gewohnt haben. Kennengelernt haben wir die Familie 2012 als wir als Freiwillige in einer Grundschule gearbeitet haben und bei dieser Familie untergebracht waren.
Timo, Chunchun und Shanker vor deren Haus in Kathmandu
Unsere Ankunft fiel glücklicherweise in die Frühstückszeit der Familie, sodass wir mit Milchtee, schwarzem Tee mit Milch und Zucker, und Sels, einem frittierten Donut aus Reismehl, begrüßt wurden. Dies ist ein typisch nepalesischer Frühstückssnack, welcher früh morgens vor der ersten der zwei täglichen Dal Baht Portionen gegessen wird. Unter Dal Baht versteht der Nepalese Linsensuppe (Dal) und Reis (Baht). Dazu werden je nach Wohlstand mehere Sorten Gemüse- oder Fleischcurry gereicht. Man sagt, dass für einen Nepali ein Tag ohne mindestens zwei dieser Mahlzeiten kein guter Tag ist.
Sels und Milchtee am Busbahnhof in Kathmandu
Von diesem „Reis mit Scheiß“, wie Timo Dal Baht gerne nennt, blieben wir vorerst verschohnt - bis nach dem Duschen und langersehnten Kleidungswechsel. Geduscht wird übrigens, indem man sich einen Plastikeimer in der Größe eines Messbechers mit kaltem Wassers übergießt. Mit etwas Glück ist die Gasflasche voll und es gibt einen kleinen Strahl warmen Wassers aus einer herkömmlichen Dusche. Duschwannen gibt es in Asien eher selten; normalerweise flutet man das ganze Badezimmer. Daher stehen zum Betreten des Bads Gummilatschen in unisex Größe zu Verfügung, Fußpilz inklusive - nützlicher sind diese sowieso zum Erschlagen der gelegentlichen Kakerlake, die durch den Abfluss ihren Weg ins Badezimmer findet ;-)
Unser erster Gang in Kathmandu ging zu meinem Lieblingsort, Boudanath. In Boudhanath steht Nepals größte Stupa - ein magischer Ort. In diesem Stadteil befindet sich auch die größte buddhistische Gemeinde Nepals, die sich zum einen aus früh zugezogenen Tibetern, zum anderen aus Flüchtlingen, die Mitte des 20. Jahrhunderst aus Tibet geflohen sind, zusammensetzt. Ansonsten sind die tiefer gelegenen Regionen Nepals mehrheitlich hinduistisch geprägt, so auch unsere Familie. In Boudha mischt man sich am besten unter das tibetische Volk und umrundet stets im Uhrzeigersinn die Stupa, die außen angebrachten Gebetsmühlen drehend - die spirituelle Option. Oder man gibt sich ganz dem weltlichen westlichen Verlangen hin und setzt sich in eines der vielen Dachcafés, isst Momos, nepalesische/ tibetische Maultaschen, trinkt Eiskaffee und genießt das Treiben und die Aussicht.
Frische mit Dampf gegarte Momos
An Orten wie diesen scheint sich in den letzten Jahren nichts verändert zu haben; nicht so im Rest des Landes: Shanker lobt neue Gesetze, wie zum Beispiel das Mindestalter zum Heiraten (für Mädchen 18; für Jungs 20) sowie die mittlerweile fast durchgängige Stromversorgung und das gestiegene Einkommen. Mit neuem Wohlstand geht jedoch einher, dass die Zahl der Autos, Mopeds und Taxis so sehr gestiegen ist, dass Kathmandu und Umgebung das reinste Verkehrschaos ist. Aus allen Straßen quillen fahrbare Untersätze und verstopfen die Stadt. Es gibt keine Ampeln, keine Verkehrsregeln und keine Schilder. Jede Straße - und sei sie noch so klein, kann in beide Richtungen befahren werden und meist gibt es mehrere Spuren. Es ist das pure Chaos. An mancher Kreuzung versucht ein sogenannter „traffic uncle“ der Verkehrslage Herr zu werden - vergebens. Das Gute daran ist jedoch, dass Taxen und Microbusse nicht die Geschwindigkeiten annehmen können, mit den wir teils durch Istanbul geheizt sind.
Gestiegen ist auch die Zahl der klimatisierten Burgerrestaurants nach amerikanischem Vorbild, Alkoholläden, hippen Läden mit Glastüren und ansprechend dekorierten Schaufensterscheiben und natürlich Smartphone Shops. Die nepalesische Jugend unterscheidet sich in diesem Hinblick wenig von unserer. Überall werden Selfies geschossen und junge Nepalis posen für Instagram Fotos. Doch unser Gastvater ist nicht nur positiv. Wenn er mit uns über Nepal spricht, lässt er seiner Ernüchterung und Verbitterung freien Lauf: Gesetze, und seien sie noch so gut, werden nicht kontrolliert, die Regierung sei korrupter denn je, der Verkehr und die Luft- und Umweltverschmutzung die reinste Zumutung. Er und seine Tochter, 18, (seine Frau, Padma, ist vor einem halben Jahr verstorben) wollen nach Kanada auswandern und Nepal hinter sich lassen. Schade, aber irgendwie auch verständlich.
Nach vier Tagen, nachdem wir Timos Geburtstag mit personalisiertem Kuchen und selbstgemachten Momos gefeiert hatten, haben wir Kathmandu verlassen und sind in 9 Stunden die 205 km von der Hauptstadt bis Pokhara geruckelt. War das schön, endlich mal wieder Grün zu sehen, Vögel zwitschern zu hören und frei atmen zu können - ein wahres Geburtstagsgeschenk. Hinzu kommt, dass wir hier in Pokhara, Ausgangs- und Endpunkt vieler Trekkingtouren in Westnepal und somit vieler europäischer Besucher, zur Abwechslung nochmal unsere Pizza- und Burgervorräte füllen konnten. Nicht, dass es das in Kathmandu nicht auch gebe, nein, nur Shanker sieht es nicht gerne, wenn wir außerhalb seines Hauses „schlechtes Essen“ zu uns nehmen. „A dal baht a day, keeps the doctor away.“ Brot fördere Durchfall, meint er... - von deutschen Mägen versteht er wohl eher nicht so viel wie vom Kochen ;-) Gegessen wird übrigens auf dem Boden und mit der rechten Hand.
In der Momobäckerei
Auch wenn wir zwischendurch auf Reisen ganz gerne mal uns bekanntes Essen zu uns nehmen, probieren wir sehr gerne lokales Essen und lassen uns auf örtliche kulturelle Gepflogenheiten ein. Besonders gerne gehen wir dazu in kleine Dhabas und food stalls, um nicht den ohnehin schon reichen Restaurantsbesitzern alles Geld zu lassen. In Pokhara haben wir ein besonderes kleines und einfaches Restaurant mit dem Namen „Pourquoi pas“ gefunden, in dem es nur nepalesische Speisen aus lokalen Produkten gibt. Geführt wird dieses von Tshiring und seiner Familie. Er ist Sherpa (der Volksgruppe der Sherpa angehörig) und stammt aus einem Bergdorf nahe des Everest. Wir frühstückten jeden Morgen bei ihm und redeten viel mit ihm.
Mimosen im tropischen Wald um Pokhara
Tshiring, der Inhaber von unserem Frühstückscafé
Pokhara, am Phewa Lake, auf ca. 800m (Kathmandu: 1400m)
Sein Weg von Khumbu, der Bergregion, in dem sich der Everest befindet, bis nach Pokhara war ein weiter: sein Dorf profitiert leider nicht von den Touristenmassen, die in die Everestregion strömen und so musste er früh nach Kathmandu ziehen, um sich als Küchengehilfe Geld zu verdienen. Dort erfuhr er von der Möglichkeit, als Träger für Bergsteiger Gepäck zu befördern. Später wurde er ein Guide und hatte das Glück, eine amerikanische Reisende zu treffen, die ihm das Englischsstudium in Kathmandu ermöglichte. Mit seiner Familie ging er später nach Pokhara, wo er vor vier Monaten sein kleines Restaurant eröffnete. Auch er schimpft über die Regierung. Sein Dorf warte noch immer auf die versprochene Hilfe nach dem Erdbeben 2015; staatliche Schulbildung sei so schlecht (Pokhara liegt an einem See und kein Kind lernt schwimmen); die Steuern und Abgaben, die er zahlen muss, seien so hoch geworden, dass er seine älteste Tochter aus der Schule nehmen musste. Zum Glück hat er die Möglichkeit, seine Söhne in eine Klosterschule zu schicken, da ihnen dort eine kostenlose Ausbildung ermöglicht wird. Solltet ihr mal in Pokhara sein, besucht ihn und esst bei ihm. Er ist ein wirklich aufrichtiger und ehrlicher Mensch, von dem man viel über Nepal lernen kann.
Und wenn wir nicht gerade bei Tshiring waren oder eben Pizza- und Burger gegessen haben, haben wir hier mit dem Fahrrad und zu Fuß die Umgebung erkundet, ein sauberes Bad und ein richtig flauschiges Bett genossen und unsere Wäsche gewaschen, bevor wir morgen zu unserem 47-tägigen Trek und somit viel Anstrengung und Entbehrung aufbrechen.
Aus den Bergen dann hoffentlich bald mehr... Viele liebe Grüße aus Nepal,
Timo und Hanna
WOW! Echt spannend so viel Kultur :o bin schon etwas neidisch, bring uns bitte ein paar Rezepte mit sieht ja schon lecker aus :) Schöne Fotos habt ihr gemacht, viel Spaß auf euerer Reise wünsche ich euch! Alles gute nachträglich btw:D
AntwortenLöschenJetzt hab ich mir endlich mal ganz viel Zeit genommen und schaue alle Berichte an. Wunderbar ihr Lieben, es macht viel Spaß und regt zum Träumen an! Dass ihr euch so viel Arbeit macht, den Blog zu pflegen - DANKE :)
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