Good bye Nepal - See you soon...


Vor ein paar Tagen, wir saßen in einem der vielen Rooftop-Restaurants, kam Timo vom WC zurück und schwärmte, er habe gerade die sauberste Toilette Nepals gesehen - fast sauberer als unser Badezimmer zu Hause. Meinen ungläubigen Blick ignorierend bestellte er uns eine weitere Kanne Tee mit der Absicht, dass auch ich in der  nächsten halben Stunde in den Genuss dieses unglaublichen Toilettenerlebnisses kommen dürfe. Was sich anhört wie das Highlight schlechthin, ist vielmehr eine der kleinen Freuden, die uns den Reisealltag zusätzlich versüßen - so wie ein Sitzplatz in einem normalerweise aus allen Nähten platzenden Bus, ein Nudelgericht zur Abwechslung zwischen all dem Dal Baht, ein Taxifahrer, der ohne Verhandlung unserem Preisvorschlag zustimmt, eine Straße ohne Schlaglöcher, ein Verkehrsfluss ohne Stau und eine Busfahrt ohne Pannen. 

Ein richtiges Highlight hingegen waren unsere kontrastreichen Wochen seit Ende unseres Trekkings, allem voran die letzten zwei Wochen in Kathmandu im Kreise unserer nepalesischen Familie. 








Überall blinzelt das „alles sehende“ Auge Buddhas durch... Hier die Augen der größten Stupa in Boudhanath

Doch bevor es für uns zurück nach Kathmandu ging, verbrachten wir zunächst einige Tage im Süden Nepals, dem Terai. Mit der Absicht, uns nach unserem langen Trek zu entspannen und so richtig aufzuwärmen, sind wir also nach Sauraha in den Chitwan Nationalpark an der indischen Grenze gefahren. Nach drei Tagen im Stand-by Modus, Cocktails bei Sonnenuntergang, Schachspielen in Cafés, leckerem Essen in gemütlichen Restaurants und einem unvergesslichen Besuch bei Sishir und seiner Familie, die zufälligerweise nahe Sauraha wohnt, wollten wir die Schönheit der Tiefen des Nationalparks nicht weiter ignorieren und brachen Richtung Meghauli, einem untouristischeren Flecken Chitwans, auf. 












Besuch bei Sishirs Familie: Traditionell wurden wir mit Marigold Malas (Blumenketten) und Tikka begrüßt



Über das Internet hatten wir in Meghauli eine Lodge ausfindig gemacht, die sich einem ökotouristischen Konzept verschrieben hat. Das bedeutet, dass die Elefanten, die dort gehalten werden, sehr gut behandelt und weitaus weniger beansprucht werden als anderwo und dass die große Mehrheit der Angestellten aus den umliegenden Dörfern kommt und fair vergütet wird. So brachen wir guten Gewissens zur Elefantensafari und zu einem Jungle Trek auf, während dessen wir u.a. Nashörner, Krokodile und allerlei anderer Tiere bestaunen und Elefanten füttern durften. 


Der „kleine“ fünfjährige Elefant mit der süßen Frisur hat es uns besonders angetan










Beim Füttern von Elefantenmomos, die wir mit den Mahauts gemacht haben

Obwohl man die Schneeberge bei guter Sicht vom Süden wie auch von Kathmandu aus sehen kann, schienen unsere Erlebnisse im Himalaya in Anbetracht der Tonnen schweren Dickhäuter, der Schweißperlen auf unserer Stirn und des erfrischenden Swimming Pools der Barahi Lodge in Meghauli ganz fern. Nach diesem Kontrastprogramm waren wir bereit, uns dem Großstadttrubel Kathmandus noch einmal für eine Weile auszusetzen. 

Mit allen Sinnen durften wir Nepal während Dipavali/Tihar, der nepalesischen Variante des auch in Indien gefeierten Lichterfestes, erleben. Anders als bei uns spielen Religion und Tradition in Nepal noch immer eine sehr große Rolle - auch wenn beide insbesondere unter der jüngeren Generation einen Rückgang erleben. Die meisten Häuser und Geschäfte verfügen über einen kleinen Schrein mit Gottesfiguren, die täglich angebetet werden. Auch Amma und Shanker ehren jeden Morgen auf dem Hausdach verstorbene Familienmitglieder und bringen kleine Opfer in Form von Reis, Blumen und Obst dar, um um Gesundheit und Erfolg zu bitten. Während religiöser Feste nehmen die Ehrerbietung und das Opfern für uns ungewohnte aber faszinierende Gestalt an. 






Wir lieben sie, die zum Teil noch immer von Hand gemalten Werbeschilder











Während des fünf-tägigen Dipavali stand am ersten Tag das Ehren der Hunde auf dem Programm: Dazu suchten wir uns Straßenhunde, von den es in Kathmandu glücklicherweise viele gibt, beträufelten sie zuallerallererst mit heiligem Wasser, bevor wir sie mit einem gelben und roten Tikka bedachten. Dann legten wir ihnen selbstgemachte Blumenketten, die es zu Festivalzeiten zudem überall zu kaufen gibt, um den Hals, besprenkelten sie mit Reis, fütterten sie und malten uns schließlich selbst ein rotes Tikka auf die Stirn, um zu zeigen: Wir sind heute schon unseren religiösen Pflichten nachgekommen. Am zweiten Tag geschah das gleiche mit einer Kuh; ein wesentlich einfacheres Unterfangen, da sich eine Kuh viel gehorsamer eine Blumenkette um den Hals legen und mit Farbe bemalen lässt. 












Was aussieht wie eine Touristenattraktion, ist ein Hund, den wir in einem der Hinterhöfe entdeckt haben





Am dritten Tag, dem wichtigsten Tag, kommt Laxmi, die Göttin des Reichtums, in die Häuser. Daher reinigen die Nepalesen ihre Häuser bis auf die Grundmauern - sie spritzen sie sogar von außen ab - und schmücken sie mit orsngefarbenen Blumenketten und Lichtern, die am Abend allernorts leuchten; manche davon noch immer echte Kerzen, mehrheitlich jedoch Lichterketten. Die Göttin wird dann mit einem vor dem Haus mit buntem Farbpulver gemalten sogenannten Rangoli hereingebeten. Timo und ich ergriffen die Gelegenheit beim Schopf und stellten unsere deutsche Putzkraft und unser Auge für Sauberkeit und Perfektion zur Verfügung - zur großen Freude aller. Leider war es uns jedoch trotz allen Schrubbens und Wischens nicht möglich, das Badezimmer so sauber wie oben erwähnte Toilette zu putzen, doch ein wenig deutschen Standard haben wir dennoch herstellen können. Jedem von euch, der auf Grund mangelnder Sauberkeit Länder wie Indien und Nepal meidet, sei geraten, während dieses Festes dorthin zu reisen. So sauber haben wir Nepal noch nie erlebt. Blöd nur, dass im Zuge der Feiertage die Müllabfuhr ihren Dienst einstellt und somit die Müllberge zum Höhepunkt des Festes ebenfalls Höchststand erreichen. 

Am letzten Tag des Festes ehren sich Geschwister, wobei das Ritual dem der ersten Tage ähnlich ist - nur ausschweifender. Auch Timo und ich, wurden von Chunchun, unser nepalesischen Schwester,„geehrt“. Ähnlich deutscher Feste wird in den Familien während der Feiertage sehr viel gegessen, vor allem Süßes, die Häuser duften wundervoll nach Räucherstäbchen und die Stimmung ist ausgelassen. Es wird musiziert, gesungen, getanzt,... - drinnen und auf den Straßen. 



















Feierlich wurde es dann wenige Tage später nochmal anlässlich meines Geburtstages, an dem wir einen Familienausflug zu einem der vielen Tempel Kathmandus machten. 












Unsere liebe Amma, Shankers Mama und Chunchuns Oma; im Hintergrund die Affen des Affentempels (Swayambunath)

An unseren „freien“ Tagen vor und nach den Festen taten Timo und ich Ähnliches: Wir wanderten durch die Straßen Alt-Kathmandus und besuchten die Altstadt Bhaktapurs. Dabei bestaunten wir die Tempel und Pagoden, die in Kathmandu die Zahl der Häuser weit übertreffen. An jeder Ecke und in jedem Hinterhof erwarten den Besucher Anbetungsstätten, eine schöner und detailreicher als die andere. Gerahmt von alten Häusern verziert mit aus Holz geschnitzten Ballustraden, Säulen, Fenstern und Balkonen, kann man sich nur zu gut vorstellen, wie das Stadtbild der Hauptstadt vor vielen Jahren ausgesehen haben muss. Viele der Häuser sind heute noch bewohnt, andere werden als Marktunterstände, Shops und Treffpunkte genutzt, insbesondere von der älteren Generation der Newarer, der größten Ethnie des Kathmandutals, erkennbar an den Männern mit den Hüten. 
















In Bhaktapur ist der Gang zum Brunnen für viele Familien Alltag






Perlenketten werden fast ausschließlich von verheirateten Frauen getragen




Traditionell gekleidete Newar „Zwillinge“ 







Und so haben uns Nepals Kontraste aufs Neue verzaubert und es fällt uns schwer, uns von unserer nepalesischen Familie und der unbeschreiblichen Schönheit dieses Landes loszureißen. 

Doch nach fast elf Wochen ist es nun Zeit, Nepals Farben, Gerüchen, Festen, Lebensweisen und Menschen auf Wiedersehen zu sagen und unsere Weiterreise nach Indien fortzusetzen. Wären da nicht der Smog, der unbändige, teilweise lähmende Verkehr und der uns ständig zum Husten bringende Staub auf Nepals Straßen, wir würden wahrscheinlich hier bleiben...

Bis bald, liebes Nepal, liebe Chunchun, liebe Amma, lieber Shanker, wir werden euch auch ein viertes Mal besuchen - in drei Jahren ;-) Danke für die wertvolle Zeit! 

Und euch nehmen wir jetzt erst einmal auf eine Fotoreise durch das stättische Nepal bzw. Chitwan mit, denn die Bilder meines Lieblingsstadtführers und -fotografen sagen mehr als Tausend Worte. Viel Spaß beim Reisen!



Möge das allgegenwärtige wachende Auge Buddhas uns auch in Indien beschützen...



Kommentare

  1. Peter von Humboldt9. Dezember 2018 um 05:08

    Timo, du hast da einen Fleck auf der Stirn!
    Teilweise fühlte ich mich bei den Bilder ein wenig an die Expo 2000 erinnert (wart ihr da schon geboren? ;-) ). So wahnsinnig weit weg, kaum vorstellbar, dass ihr das alles erlebt! Bekommt man da noch mit, was in Europa passiert? Brexit, Merkel, Gelbhemden? Man möchte fast sagen "Hoffentlich nicht!" - Auf jeden Fall schlagen eure Reiseberichte alle Reiseführer und "Individual-Reiseberichte", die ich so kenne. Cool!

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