Urlaub einmal anders
Eigentlich stand das Ferienprogramm schon. Timo hatte fast jeden Tag unseres bevorstehenden Türkeiurlaubes bis ins kleinste Detail geplant: Moscheen, Märkte und Stadtmauern in Istanbul, die Bibliothek von Ephesus, das Amphitheater in Milet,... So groß war seine Vorfreude auf die geschichtsträchtigen Sehenswürdigkeiten, dass er sich doch tatsächlich wenige Tage vor Abreise eine Grippe zuzog. Die Reisewarnungen für die Türkei brachten das Fass schließlich zum Überlaufen und wir stornierten Flug und Mietwagen - ganz zur Erleichterung der besorgten Eltern ;-)
Und so standen wir zu Ferienbeginn ohne Reisepläne da - eine wirklich neue und ungewohnte Erfahrung für uns. Aber so ganz ohne Reisen geht es einfach nicht und kurze Zeit später entschieden wir uns für einen All Inclusive Urlaub in Ägypten. Dass Timo bei der Vorfreude auf die mögliche Exkursion zu den Pyramiden keinen Rückschlag erhielt, grenzt an ein Wunder. Wahrscheinlich war es die Skepsis beim Gedanken an den Aufenthalt in einem für den Massentourismus geschaffenen Hotelbunker inmitten einer in die Wüste gezimmerten Betonoase der ihm die Vorfreude ein wenig trübte, denn auch der Pauschalurlaub sollte eine neue Erfahrung für uns darstellen; doch: wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Und so können wir am Ende unserer zehn Tage Ägypten von einem großen Gewinn sprechen, wenn auch wir unseren nächsten Urlaub nicht mit All-you-can-drink am Ballermann verbringen möchten ;-) Tatsächlich entpuppten sich die 10 Tage in Hurghada am Roten Meer als eine wundervolle entspannte und bereichernde Zeit, eben einem etwas anderen Urlaub: kein schweißtreibendes Rucksacktragen, keine ergebnislose Suche nach vegetarischem Essen, keine panische Angst vor Bettwanzen und nächtlichem Schwitzen unterm Ventilator, keine zermürbenden Streitereien mit unehrlichen Taxifahrern und Händlern, kein Leben aus dem Rucksack, kein Wasserentkeimen und und und.
Der von unseren Familien prophezeite Durchfall blieb aus, dem unterhaltsamen Animationsprogramm haben wir entsagt, wenn auch Timo ganz bestimmt gute Chancen gehabt hätte, zum "Mr. Hilton" gewählt zu werden ;-) und von einem Terrorattentat wurde unser Hotel auch nicht heimgesucht. Noch nicht einmal einen Sonnebrand haben wir uns dieses Mal zugezogen ;-) Die Hotelanlage, wenn auch für ca. 2000 Gäste geschaffen, war überschaubar und erstaunlich grün und gepflegt. Von den rund 1000 Zimmern waren, den wenigen belegten Liegen an Stand und Pool zu urteilen, schätzungsweise nur knapp 30% belegt; eine ähnliche Tendenz beobachteten wir auf den Tauchbooten und an den Sehenswürdigkeiten in Kairo und Luxor. Glück für uns, denn wer hat in den vergangenen Jahrzehnten schon ein Foto nur von sich und den Pyramiden, ohne Menschen im Hintergrund, machen können bzw. das Baden im Pool ohne laute besoffene Pauschalurlaubergruppen genießen können?
Unser Glück erweist sich jedoch als riesiges Problem für die Ägypter, denn die ägyptische Wirtschaft lebt zu einem Drittel vom Tourismus und dieser ist seit 2011 um weit mehr als die Hälfte zurückgegangen, die Tendenz weiter fallend. Viele Menschen, die früher im Tourismus tätig waren, sind arbeitslos und da es in Ägypten keinerlei finanzielle Absicherung im Falle eines Arbeitsplatzverlustes gibt, bangen selbst Mittelständler um ihre Existenz und die Bildung/ Zukunft ihrer Kinder. Viele Fremdenführer beispielsweise arbeiten zur Zeit ohne Entgelt und leben ausschließlich vom Trinkgeld. Und so ließen wir uns selbst zu solchen "Touri-Aktionen" wie einem Kamelritt an den Pyramiden hinreißen, denn fünf Euro sind für einen Ägypter kein schlechtes Einkommen und uns eine spaßige Erinnerung wert.
Die Ägypter, die wir kennengelernt haben, haben einen sehr positiven Eindruck bei uns hinterlassen. Wir haben richtig Lust bekommen, Ägypten noch einmal zu bereisen - auf eigene Faust, denn so unsicher wie europäische Medien insbesondere arabische Länder porträtieren, sind diese gar nicht. Wir zumindest haben uns kein einziges Mal unsicher gefühlt, naja, außer auf der Autobahn in Cairo, die im Tempo, der Zahl an mutmaßlichen Spuren und der Fülle an Autos der Autobahn um Frankfurt gleicht, nur eben ohne Regeln ganz nach dem Motto der Stärkere bzw. Lautere gewinnt ;-)
Doch weitaus beeindruckter waren wir beispielsweise von der Höhe der Pyramiden, dem einzigen noch existenten antiken Weltwunder, gebaut aus Steinen, die zum Teil fast so groß sind wie ein Mensch, von den bestens erhaltenen fast 4000 Jahre alten Malereien/ Hieroglyphen im Karnak-/ Hatschepsut Tempel und in den Grabkammern im Tal der Könige, von den Massen an Gold, die in der Grabkammer Tutenchamuns gefunden wurden und die heute im ägyptischen Museum in Kairo zu bestaunen sind, von der bunten Unterwasserwelt mit ihren riesigen Fischschwärmen und Delphinen, Korallen und der klaren Sicht und von der strahlenden Sonne, die nach dem scheinbar langen Winter sooooo gut getan hat.
Gestärkt heißt es nun zurück in die Arbeitswelt .... und die nächste Reise planen ;-) Viele warme Grüße aus Ägypten.
Hanna und Timo